Wunderwerk BH - Was steckt alles drin?

01.01.2021

Wunderwerk BH - Was steckt alles drin?

Ein BH ist ein kleines Wunderwerk. Was da so alles drin steckt!

Erfahre mehr über das komplexe Innenleben Deines täglichen Begleiters.

Der BH ist das Kleidungsstück, das man meist morgens als erstes anzieht und Abends als letztes auszieht.

Ganz selbstverständlich ziehen wir ihn an, doch wer weiß schon, was so alles in ihm steckt?

Kaum jemand!

Als ich zu meinem ersten BH-Nähwochenende gefahren bin, hing dort an der Wand ein gerahmtes Bild - ähnlich diesem - von allen Bestandteilen eines selbstgenähten BHs. In dieser Zeit lernten wir die Materialien näher kennen und ich wunderte mich über Namen wie Charmeuse, Powernet und Velourgummi, die ich noch nie gehört hatte. Und das obwohl ich schon mein Leben lang nähte...

An diesem Wissen möchte ich Euch an dieser Stelle teilhaben lassen.

Zuerst einmal kann man die Materialien in folgende Kategorien aufteilen:

1. die Stoffe und Spitzen: wieder unterteilt in sichtbare Oberstoffeund funktionale Futterstoffe

2. die Kurzwaren: als da wären diverse Gummis, Bänder und Metallwaren

Alle Materialien haben eine bestimmte Funktion mit den entsprechenden Eigenschaften, die ich an dieser Stelle näher beschreiben möchte:

Beginnend mit den Stoffen:

das offensichtliche sind die sichtbaren Oberstoffe:

Diese sind je nach Einsatzgebiet dehnbar oder undehnbar und bieten viel Freiraum für Kreativität. Wenn man ein paar grundlegende Regeln beachtet, sind der Phantasie an dieser Stelle kaum Grenzen gesetzt.

Typische Dessous-Stoffe sind: biealistische Microfasern (oft auch Lycra genannt), Jersey, Wirkwaren, elastische Spitzen und Stickereien.

Soweit das offensichtliche. Doch nun wird es interessant: Denn gerade die nicht direkt sichtbaren Materialien sind es, die die Funktionalität eines guten BHs ausmachen. Die Futterstoffe. Sie müssen je nach Einsatzbereich bestimmte Eigenschaften haben, sind verantwortlich für die Stabilität oder die die Bequemlichkeit und können fehlende Eigenschaften der dekorativen Oberstoffe ausgleichen.

Und hier beginnt dann auch das Vokabel-lernen: 

So benötigt das Mittelteil, das die Bügel in der richtigen Position hält eine unelastische Charmeuse, während das Rückenteil ein dehnbares Material benötigt, damit der BH bei Atmung und Bewegung nachgeben kann. Bei kleineren Größen ist ein dehnbarer Oberstoff oder Mesh ausreichend, größere Größen werden mit einem Powernet stabilisiert. Und dieses gibt es wiederum ist verschiedenen Stärken. Die Körbchen benötigen je nach Obermaterial und Schwere der Brust ein separates Körbchenfutter, welches wiederum Abhänig ist von der Funktion, die der BH ausüben soll. Ein paar Beispiele sind Wäschetüll, Futter-Charmeuse, spezielle Wirkwaren wie Simplex oder Duoplex (die auch als Oberstoff quasi 2 in 1 verwendet werden können) oder Laminat. Und mit Laminat meine ich an dieser Stelle nicht den Bodenbelag! Für zusätzlichen Halt können noch stabilisierende Schnitteile eingearbeitet werden, so dass sich manchmal ein Materialmix verschiedener Futermaterialien in einem Körbchen ergeben.

Wie man sieht, ist die Auswahl der richtigen Futterstoffes für den jeweiligen Zweck eine Wissenschaft für sich.

Nun kommen wir zu den Kurzwaren: 

Bei den Metallwaren ist es noch recht offensichtlich... Da ist zum einen der BH-Verschluss der meist aus Haken und Ösen besteht, aber auch ein Bikini- oder Reißverschluss sein kann oder anhand von Ösen und Bändern geschnürt wird. Weiterhin werden Ringe und Schieber in verschiedensten Breiten und Farben zur Längenregulierung von (Gummi-)Bändern verwendet. Diese werden zur Zeit auch oft als Dekoelemente verwendet, so wie auch Charms oder Ähnliches als Schmuck eingesetzt wird.

Und  dann wäre da noch das Herzstück der meisten BHs: Der BH-Bügel. Es gibt auch viele Modelle ohne einen solchen allerdings ist er auch dort oft die Konstruktionsbasis. Wer mehr hierzu wissen möchte,  dem empfehlende ich meinen Blogbeitrag, der sich ausschließlich diesem Thema widmet: https://www.dressyous.de/blog/detail/bh-buegel-was-ist-wichtig

Bei den (Gummi-)Bändern wird es dann wieder vielfältiger...

Da gibt es zum einen das Bügelband - ein Hohlband in das der Bügel eingeschoben wird - und diverse unelastische Schleifen- und Dekobänder sowie nähtechnische Bänder wie das Charmeuse-Nahtband.

Weiterhin kommen diverse Gummibänder zum Einsatz, die wiederum je nach Einsatzbereich unterschiedliche Dehneigenschaften besitzen: Trägergummis gibt es in den unterschiedlichsten Breiten von 0,5 cm - 3,0 cm für die (wie der Name schon sagt) Träger. Ein schmales weiches Dekolletégummi dient als Abschluss an eben diesem. Unterbrust-, Velour-, Paspel- oder Wäschegummi in den verschiedensten Ausführungen und Breiten und mit den unterschiedlichsten Schmuckkanten sind für alle offenen Schnittflächen wie Armausschnitt, Unterbrustband sowie an Höschen oder einfach nur zur Zierde... Auch hier sind der Kreativität nur funktionale Grenzen gesetzt. Den gleichen Zweck erfüllen Falzgummis, die längs in der Mitte umgeklappt und um offene Schnittkanten gelegt werden. Auch diese gibt es vielen verschiedenen Breiten, Aufführungen und natürlich Farben. Für Bademoden wiederum gibt es spezielle Badegummis (natürlich auch in diversen Breiten und Farben), die auch Chlor- und Salzwasser vertragen. Und zum guten Schluss der Gummibänder (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) sind da noch die durchsichtigen Framillions und Silikongummis...

Als i-Tüpfelchen fehlt nun nur noch das Schleifchen oder Röschen bzw. ein anderes Schmuckelement, das dem BH noch den letzten Schliff gibt.

Und als wenn es nicht genug wäre, so viele unterschiedliche Materialien für ein einziges Kleidungsstück bereit zu halten, gibt es auch noch sooo viele tolle Farben, in denen man optimaler Weise auch all die erwähnten Stoffe, Spitzen, Bänder, Gummis Verschlüsse, Ringe und Schieber (...) sofort zur Hand hat.

Jetzt ist dieser Beitrag doch viel länger geworden, als ich ursprünglich gedacht habe. Es steckt eben doch viel mehr in so einem BH, als man auf den ersten Blick annimmt. Und ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung, wie es möglich ist, dass es dieses Wunderwerk der Textilindustrie in der Massenware für wenige Euro zu kaufen gibt. Denn allein die Vielfalt der eingesetzten Materialien ist schon sehr aufwändig zu beschaffen bzw. herzustellen.

Ich hoffe ich konnte mit diesem Content einen kleinen Beitrag dazu leisten, dem BH die Beachtung und Wertschätzung zu schenken, die ihm als unsere tägliche Stütze zusteht. 

Eure Yvonne